Der Autor von heute hat es nicht leicht, statt eines leeren Blattes, hat er mit einem (fast) vollen Bildschirm zu kämpfen. Menüs, angepasste Toolbars und nützliche Widgets rauben ihm die Konzentration. Darum ist der neue Anspruch: Reduktion. Fast unbemerkt hat eine Anzahl von „neuartigen“ Schreibprogrammen auf den Computern Einzug gehalten. Für Windows-PCs heißt es Q10 (http://www.baara.com/q10/) für Apple sind es Writeroom (http://www.hogbaysoftware.com/products/writeroom) und myTexts (http://myownapp.com/site/moapp3.0/applications_leo/writing/mytexts/mytexts.html), ein Online-Abkömmling ist Writer (http://writer.bighugelabs.com/).
Allen gemeinsam: keine Menüs, Toolbars oder Ähnliches. Meist weiße oder grüne Schrift auf schwarzem Hintergrund – einfach loslegen. Ablenkung zumindest seitens des Schreibprogramms ausgeschlossen. Einige spartanische Features sind manchmal doch enthalten: Rechtschreibprüfung, Wörter zählen und manchmal Schrift vergrößern (nicht Schriftgröße ändern) – das war’s schon. Text unterstreichen, kursiv, Überschrift? Fehlanzeige! Keine Chance für Spielereien! Es geht wirklich nur ums Schreiben.
Eine Einfachheit wie sie mancher noch aus den Anfangstagen der Textverarbeitung kennt. Klappt die Rückbesinnung? Wo sind die Grenzen für solche Editoren? Das sind zweifellos größere Textprojekte, mit Verwaltung von Textteilen. Der Umgang mit Grafiken ist ausgeschlossen und auch Layout-Arbeiten im Text, was ja eigentlich auch nicht im Textprogramm passieren sollte. Eine weitere Grenze besteht im Geschäftsalltag, wo sich Microsofts .doc-Format als Quasistandard durchgesetzt hat.
Wie ist die Arbeit mit diesen Programmen? Man tauscht: Komfort gegen kreative Bescheidenheit. Man könnte regelrecht Angst bekommen: ein leerer 24’’-Monitor, der einsam blinkende grüne Cursor. Kein Seitenlayout – wie viel habe ich schon geschrieben, wie viel darf ich noch, wird eine Seite reichen? Urängste des Textproduzenten, der ja leider seiner Kreativität nicht freien Lauf lassen kann, sondern die Vorgaben von Lektoren, Chefredakteuren und Layoutern (ja, manchmal sogar Layoutern) erfüllen muss.
Also wer tauscht mit? Menübar gegen Kreativität, Icons gegen puren Text – Reduktion auf das Wesentliche.
PS: Für die Hardcore-Texthandwerker gibt’s die mechanische Schreibmaschine Olympia SG 3N. Unverändert seit 1958, bis auf zwei kleine Details $ und # wurden gegen Eurosymbol und @-Zeichen getauscht. Was sie theoretisch E-Mail-fähig macht, aber zum Perl-Programmieren ungeeignet.